Offener Brief des Hamburger Rugby-Verbandes zum ADRT und den geplanten Beitragserhöhungen

Stellungnahme des Hamburger Rugby-Verbandes und seiner Vereine Eimsbüttler Koalas im ETV Hamburg, FC St. Pauli, Hamburg Exiles RFC, Hamburger Rugby-Club, Hamburger Sport-Verein zur geplanten Erhöhung der Beiträge der Vereine und Verbände auf dem außerordentlichen Rugby-Tag des Deutschen Rugby-Verbandes am 21.3.2020 in Heidelberg.

Verehrte Rugby-Gemeinde in Deutschland,

der DRV ist pleite oder von der Insolvenz bedroht. Dieses Szenario begleitet uns nun schon seit mehreren Jahren und immer neue Präsidenten oder heilbringende Sponsoren und Mäzene konnten daran allem Anschein nach nichts ändern, so dass das jetzige Präsidium sich erneut und nach allen Informationen offensichtlich verschärft der Situation gegenüber sieht, den Verband retten zu müssen.

Dem Protokoll des Rugby-Bundesligaausschusses zufolge fällt den Verantwortlichen dazu nichts Langweiligeres ein, als die Vereine in unterschiedlicher Weise zur Kasse zu bitten. Das wäre vollkommen in Ordnung, wenn es sich um eine spezielle Notsituation handeln würde wie sie vor Jahren schon einmal bestanden hat und womit einer Sonderumlage eben diese Notlage ausgeglichen wurde. Davon kann in der jetzigen Situation allerdings keine Rede sein, weshalb wir ein solches Vorgehen so vorgetragen ablehnen und als Vertreter der Hamburger Vereine und des Verbandes uns entschieden gegen eine solche Politik und Maßnahme aussprechen. Gleichwohl wissen wir, dass ein Bundesverband aus verschiedenen Gründen wichtig ist, um im Rahmen des deutschen Sportsystems Leistungssport zu betreiben und eine vollständige Insolvenz, gar die Liquidierung des Verbandes, u.a. die erfolgreiche Arbeit des 7er-Programms gefährden würde – welches allerdings nicht oder nur wenig von der monetären Notlage des Verbände betroffen ist. Insofern würden auch Hamburg seine Unterstützung leisten, allerdings nur unter Auflagen und Vorbehalten, die wir hiermit kurz begründen wollen.

Warum die Erhöhung von Beiträgen eine Zumutung, wenn nicht gar eine Frechheit darstellt

Der finanziell prekäre Weg des DRV ist seit Jahren regelmäßig Thema auf den DRT. Passiert ist wenig. Im Gegenteil wurde der Rugby-Gemeinde immer wieder versprochen neue Sponsoren zu suchen, mit dem Mäzen Wild enger zusammenzuarbeiten, das Deutsche Rugby insgesamt zu neuer Blüte zu führen. Nichts davon ist passiert. Im Gegenteil hat sich die fatale Abhängigkeit von Wild als Weg in die Katastrophe entpuppt, die nun von
den Vereinen ausgebadet werden soll. Das jetzige Präsidium hat sich zudem zu einer Reihe von absolut, in unseren Augen vollkommen unsinnigen Schritten entschlossen, die uns zu den im Weiteren ausgeführten Punkten bringen.

 

Jede Zahlung mehr an den DRV zum jetzigen Zeitpunkt ist ohne einen Mehrwert für das deutsche Rugby – schon gar nicht für die Vereine und Verbände, denen wertvolle Ressourcen für ihre Arbeit als absolute Randsportart in einem hart umkämpften Umfeld sportlicher Angebote fehlen würden.

Es bleibt zudem vollkommen unklar, wofür die Beiträge im Detail verwendet werden sollen. Da es sich um so unterschiedliche Kostenpunkte wie Mitgliederbeiträge einerseits und Passgebühren oder Bundesligalizenzen andererseits handelt, wäre hierzu folgendes zu bemerken.

Die Passgebühren und BL-Lizenzen betreffen rund 48 Bundesligavereine und die sie vertretende Körperschaft des RBA. Von dem Geld haben die Vereine und der RBA nichts. Es kommt der Durchführung der Bundesliga schon jetzt nicht zugute, obwohl es durchaus gute Ideen gibt, hier mit Geld etwas für die Sichtbarkeit der BL zu tun und diesen Wettbewerb auch nach außen hin attraktiver zu machen. Das wird sich auch mit dem Mehr an gezahltem Geld nicht ändern, insofern ergibt es keinen Sinn jetzt einfach so mehr zu zahlen.

Die gegenwärtige Politik des Präsidiums verfolgt einen Sparkurs. Das ist vernünftig nach den absurden Geldausgaben infolge von substanzlosen Träumen wie einer WM-Teilnahme, der bizarren Abhängigkeit von Wild sowie seinem und dem Gebaren einer Nationalmannschaft, die in den Streik tritt. Dabei aber auf den Nachwuchs zu verzichten und die U18-Mannschaft der männlichen Jugend von internationalen Wettbewerben abzumelden, zeugt von absoluter Konzeptlosigkeit der Verantwortlichen. Den DRV zu retten, bei vielleicht erfolgreicher Rettung keinen Nachwuchs mehr zu haben, verbrannte Erde bei vielen Beteiligten zu hinterlassen, von den Organen des Deutschen Sports, DOSB und DSJ einmal abgesehen, ist vor allem kopflos, kann aber nicht als sinnvolles Konzept einer Sanierung begriffen werden.

Zahlungen an den DRV zu seiner Rettung können daher nur mit einer sofortigen Wiedereinsetzung der U18-Mannschaft (und anderer Bundesauswahlen im Jugendbereich) einhergehen. Ähnliches gilt in abgeschwächter Form auch für die Frauen, wobei hier durchaus zu bedenken ist, dass eine weitere Unterstützung an den Ausbau der Bundesliga und der Anzahl von Spielerinnen gekoppelt sein könnte. Dafür bräuchte es aber auf jeden Fall ein Konzept, in dem Kriterien benannt werden. Ein solches fehlt auf allen Feldern, nicht nur bei den Frauen. Die alleinige Ausrichtung an der Männer 15er-Nationalmannschaft kann nicht in allem Ernst das Konzept eines ganzen Verbandes sein.

Wie wir uns eine Unterstützung trotz allem vorstellen könnten

Eine wie auch immer gestaltete Unterstützung könnten wir uns vor allem unter folgenden Bedingungen vorstellen: Sofortige Wiedereinsetzung der U18/U16-Auswahlen der DRJ. Erstellen eines Konzeptes, was und wohin der DRV in den nächsten Jahren sich entwickeln soll und wie das jeweils umgesetzt werden kann. Das muss konkrete Schritte und Vorstellungen zur Ausbildung (Deutsche Rugby-Akademie, auch hier wird der Verantwortliche nicht weiterbeschäftigt), der Entwicklung des Breitensport, dem Leistungssport (ohne 7er-Männer, allerdings 7er-Frauen), der Bundesliga sowie der Jugendarbeit beinhalten. Mehr Transparenz, sowohl was die Finanzen als auch alle anderen Entwicklungen im Verband angeht. Die jetzige Informationspolitik ist schlecht, die Politik undurchsichtig. Es scheint sehr viel um Einzelinteressen zu gehen, selten um das große Ganze. Eine klare und offene Kommunikation findet nicht statt. Gerüchte und Hörensagen bestimmten die Informationen über den Verband. Die zu machenden Zahlungen müssen begrenzt sein, spätere Erhöhungen zur Anpassung an Inflation etc. sind hiervon ausgenommen, müssten dann aber nachvollziehbar begründet sein. Wir können uns Zahlungen als Darlehen vorstellen, ebenso wie zweckgebundene Sonderumlagen, womit der DRV zu mehr Transparenz genötigt wäre. Jede Erhöhung muss konkrete Folgen haben, das heißt genau erläutert werden. Zahlungen in einen großen Pott, dessen Verwendung im Unklaren bleibt, lehnen wir ab.

Die Rettung des DRV muss zu einer Veränderung des DRV führen, im positiven Sinne und für die Vereine – wobei auch die Vereine und Verbände ihre oft kleinlich-provinziellen Interessen zurückstellen müssen, um zu begreifen, dass es ein "Weiter so" im deutschen Rugby (Verletzung von Lizenzordnung, Blockadehaltungen, Macht-Charaden) nicht geben darf.

Dazu brauchen wir ein sichtbares Konzept für die Leitung des DRV innerhalb der neugestalteten Satzung, die bisher kaum gelebt wird. Und wir brauchen Verantwortliche, die dieser Bezeichnung auch gerecht werden, wobei die Erfahrung im Rugby und das ehemalige Spielniveau das geringste aller Kriterien sein sollte.

Ein solches Konzept sollte bereits beim ADRT in Heidelberg am 21.3. 2020 präsentiert werden.

Wir lassen uns auf dem ADRT durch den Niedersächsischen Rugby Verband vertreten, welcher sowohl unser Vertrauen besitzt als auch unsere Stimmen in unserem Sinne einsetzen wird.

 

Mit sportlichen Grüßen

für den Hamburger Rugby-Verband   

Hamburg im Februar 2020

Dr. Nils Zurawski (im Namen aller Mitgliedsvereine des HHRV)

Eimsbüttler Koalas im ETV Hamburg

FC St. Pauli